Laudatio zur Ausstellung „Biographische Muster“ von Karla Bilang

http://cinqueterrecorniglia.com/?krovosos=siti-di-incontro-online&f4f=55 Laudatio zur Ausstellung „Biographische Muster“

http://encabine.com/photographes/romain-mercier Arbeiten auf Papier von Ute Postler, Galerie Grünstrasse, 2023

épernay site rencontre gay Die unter dem Titel „Biographische Muster“ zusammen gefassten Arbeiten tragen einen mehrdeutigen Charakter. Sie beziehen sich sowohl auf Biographisches als auch auf das Graphische in den Strukturen der uns umgebenden Natur und Pflanzenwelt. Es sind Verflechtungen verschiedener Ebenen: des Literarischen, des Pflanzlichen, des Graphischen, des Farbig-Bildlichen – hinzu kommen zeitliche Rückblenden anhand kulturgeschichtlicher Reminiszenzen.

Diese Vielheit der Aspekte wird in bestimmten Reihen geordnet, wie „Fontane. Wanderungen im Barnim“, „Marienlieder“, „Mariens Tagebuch“, „Heimat“, „Die Mönche spielen“ und „Entfalten“. 

Die inhaltliche Vielschichtigkeit findet ihr formales Äquivalent, indem verschiedene Bildschichten übereinander gelegt sind und durch kleine Öffnungen und Aufklappungen die Rückseiten und die Unterschicht partiell sichtbar werden. In Fontanes Wanderungen scheinen in dem Blatt „Blumen aus Niederfinow“ hinter der sommerlichen Schauseite die Pflanzenteile in bräunlich-herbstlicher Färbung auf und vermitteln so den zeitlichen Wechsel des Jahresablaufs. In dem Blatt „Feldsölle bei Oderberg“ sind die Einschnitte lanzettförmig aufgeklappt und erscheinen wie ein Schwarm schwebender Fische.        

Als kulturgeschichtliche Reminiszenz an die Zisterzienser des Klosters Chorin ist die Reihe „Die Mönche spielen“ zu verstehen. An deren Gestaltungs- und Ordnungssinn im Landschaftlichen und Architektonischen erinnern im „Schach matt“ die statische Quadratur der Formen, im „Halma“ die dynamische Diagonale. Die aus Transparentpapier gefertigten Arbeiten zeigen durchscheinende Strukturen und symbolisieren sich in die Zeitlichkeit öffnende Einblicke. Das Pendant zu den Mönchen ist „Mariens Tagebuch“ mit den seriell geordneten Stiefmütterchen, den farbigen Tropfen, mit dem Leuchten wie von bunten Kirchenfenstern. 

Dieser kontemplativen Welt mittelalterlicher Ordnung und spiritueller Naturverbundenheit steht die karge Installation zu Karoline von Günderode, der verkannten Dichterin aus der in sich zerrissenen Zeit der Frühromantik, gegenüber. Auf collagiertem Tisch und Stuhl sind mit schwarzer Farbe ihre Gedichtverse hingeschrieben: eine expressive Kalligraphie, spontan, unregelmäßig, schwer lesbar.

Kalligraphisch sind auch zwei Blätter zu Fontanes Barnim-Wanderungen in chinesischer Tusche auf Transparentpapier, wörtlich nicht lesbar, nur im graphischen Duktus nacherlebbar. 

Eine andere sachlich-geordnete Darstellung dominiert in dem Bild „Wurzeltagebuch“ aus der Reihe „Heimat“, das an botanische oder gärtnerische Schau- und Lehrtafeln erinnert. Das Prinzip der Schichtungen oder Überlagerungen ist hier quasi im Querschnitt durch die florale Welt gegeben. Das akribisch gezeichnete Wurzelgeflecht bezeichnet die unterirdische Welt, aus der das Leben – die Pflanze, der Baum –

gleichsam empor wächst. Die grüne Pflanze ist wissenschaftlich exakt erfasst, ihr zugeordnet verschiedene Anmerkungen. 

Insgesamt gibt die Ausstellung unterschiedliche Sichtweisen auf die reale oder imaginäre Welt – retrospektive und aktuelle, poetische und wissenschaftliche – , die sich überlagern und ergänzen.   

Dr. Karla Bilang