découvrez ici http://alicespringsmariage.com/?tampon=rencontres-acteurs-tourisme-picardie&732=50 Zur Eröffnung der Ausstellung VERFLECHTUNGEN
http://secretmans.fr/flexbox-lines Helga Höhne, Grafik, Zeichnung, Textil
am 15.2.2024 in der Galerie Grünstraße Berlin Köpenick
In dieser Ausstellung zeigt Helga Höhne neuere Arbeiten, die ihr wichtig sind: neue Zeichnungen, Grafik und textile Objekte, wie man sie von ihr kennt, wie jedenfalls ich sie Helga Höhne zuordnen würde, wenn ich in irgendeinem unbekannten Zusammenhang darauf stoßen würde.
Der Ausstellungstitel „Verflechtungen“ besagt allgemein, dass die bildnerischen Ansätze sich wechselseitig bedingen, dass sie zur Logik des Arbeitsprozesses verflochten sind. Als „Verflechtungen“ würde ich auch die grafischen Bildstrukturen verstehen, die Überlagerungen figurativer Formgebilde auf dem Papier. Die neu entstandenen Zeichnungen sind als Erweiterung der Werkposition von Helga Höhne zu verstehen. Auf ein Werk und eine Werkposition hinzuarbeiten, das war einmal eine Selbstverständlichkeit und Übereinkunft. Die dafür notwendige Eigensinnigkeit und Eigenwilligkeit war unter den damaligen Verhältnissen eine Sache der Glaubwürdigkeit und der Distinktion, der Unterscheidung und Abgrenzung. Das Ausstellungsprogramm der Galerie Mitte in der Reinhardstraße aus den 1980er Jahren führt das vor Augen. Eigentlich alle damals dort ausstellenden Künstler vertraten eine eigenständige Werkpostion, mit einer Nähe und auch mit einer Distanz zu anderen Künstlern und natürlich gegenüber den damaligen Verhältnissen in der Kunst und im Alltag. Helga Höhne als Galeriemitarbeiterin neben Brigitte Bayer ist dadurch zweifellos geprägt worden. Bald nachdem sie in der Galerie Mitte zu arbeiten anfing, begann sie 1984 mit dem Weben, das ist also 40 Jahre her. –
Der Bildhauer Gerhard Marcks schrieb 1946 an seinen Freund Felix Weise kurz vor seiner Übersiedlung von Ahrenshoop nach Hamburg, also in einem Moment des Neu-Starts: „Gestern sah ich in A. die Kannewas-Stickerei einer verstorbenen Malerin, etwa 1918. Ölberg Szene, wie von Kirchner – aber viel schöner, einfach durch die passende Technik! Diese dekorative Kunst will gebundeneres Material. Und so wirds auch kommen.“
Eine dekorative Kunst liegt für Helga Höhne allerdings denkbar fern. Sie beschrieb 1994 als ihr Programm, Teppiche machen zu wollen, „die wie ein einziger Webfehler aussehen“. Das klingt krass und ich verstehe es als radikale Abneigung gegen eine harmonisierende Ästhetik, gegen klassische Spannung und klassisches Maß. Es ist eine künstlerische Grundhaltung, die sicherlich im Persönlichen begründet liegt. Wenn der Bauhäusler Gerhard Marcks in seiner Freude an einer Stickerei von seiner Hochschätzung für den Wert der Materialsprache und eine Ästhetik des Arbeitsvorgangs schrieb, wird Helga Höhne dem nicht widersprechen, denke ich, wiewohl Kannewas-Stickerei nicht ihre Sache ist. Material und Technik liefern einen elementaren Bedeutungsakzent, der auf keine andere Weise herstellbar ist, der auch zum spielerischen Umgang inspiriert und zu einer Art „objet trouve-Ästhetik“ führen kann, wie ich es bei Helga Höhne sehe. Es gibt auch eine bildhafte Wirkung, eine Art Anmutung, die aus der entstandenen Arbeit, aus dem Werk gewissermaßen zurückstrahlt. Bedeutungen werden eher herausgelesen als hineingelegt, sie sind oft nicht verständlich oder haben eine quasi poetische Unschärfe. Was gemeint ist, stellt sich eigentlich erst später heraus, es bleibt auch nicht dasselbe, sondern verändert seine Wirkung und Bedeutung. Ich denke, damit kann Helga Höhne gut umgehen. Für diese Haltung ist eine Spontanität wichtig als Möglichkeit, an jeder Stelle so oder anders zu entscheiden, den Arbeitsprozess offen zu halten. So verstehe ich es.
Ihre Eigenständigkeit erweist sich als „nachhaltig“, wie heute gerne gesagt wird – soll heißen: sie ist auch jetzt wirksam, sie funktioniert auch jetzt. Das zeigte sich 2015 mit einer großen Ausstellung der von ihr gewebten Teppiche und Textilobjekte in der Wuhletalkirche. Der schwierige große und hohe Raum ist die stillose Rekonstruktion eines stillosen kriegszerstörten Baus aus dem späten 19. Jahrhundert. Die Textilarbeiten von Helga Höhne neutralisierten die „Stilfragen“. Die falsche Rhetorik des Kirchenraums als Gestalt-gewordener Ausdruck von Hilflosigkeit wirkte (für mich) als eine Art Normalität, in der – trotz aller Widrigkeiten – eine Koexistenz mit den selbstbezogenen Teppichobjekten möglich war. Diese Wirkung hat zu tun mit Helga Höhnes Ansatz beim bildhaften Textil, bei der auf diese Weise zustande kommenden ungefälligen und eigenwilligen Bildwirkung.
Um solcherart Bildwirkungen geht es Helga Höhne ebenso auch in ihrer Zeichnung und Grafik und Collage, also im Flächenhaften. Die zu Papier gebrachten Zeichen erscheinen seltsam und in seltsame Zusammenhänge gebracht, manchmal skurril oder verspielt. Es ist eine neue Sprache der Abstraktion, eine Steigerung zur Seltsamkeit, eine Überhöhung und Verklärung zu einer Poesie der Bildsprache. Esoterisch ist das nicht gemeint und so wirkt es auch nicht, meine ich, teilweise eher bodenständig wie die Weberei-Arbeiten. Manche Bildfindungen sind lyrisch empfunden, andere erscheinen handfest, sachlich, mit grafischem Nachdruck durch serielle Reihung. Der Arbeitsprozess bringt Bildideen und deren Weiterungen und Fortsetzungen aus sich selbst hervor, wenn ein Ausdrucksbedürfnis und die nötige Spannung einmal da sind.
Die Offenheit in der Arbeit mit den Mitteln und mit sich selbst ermöglicht Selbständigkeit und Originalität im Künstlerischen. Das Material und die Arbeit bringen manchmal weiter und sie sind anregender, als das Ego mit seinen Ideen. Die Zeichnung hat aber auch die Funktion einer Klärung des Ausdrucks um der Reinheit und Lebendigkeit willen. Arno Mohr`s Urbild des Zeichnens war das des Kindes, das mit einem Stock in den Sand zeichnet und zur Verdeutlichung nachzieht, was es meint. Beides gehört zusammen: das Gemeinte und das Gemachte, wie es Helga Höhnes Ausstellungstitel „Verflechtungen“ besagt und damit ihre Kunsterfahrung vor Augen führt. Dafür steht auch diese Ausstellung. Bleibt nur, zur Ausstellung zu gratulieren.